- Auch Produkte, die viel Zucker, Fett oder Salz enthalten, dürfen mit Gesundheitsaussagen werben.
- Der vzbv fordert, dass Gesundheitsversprechen nur erlaubt sein dürfen, wenn die Lebensmittel bestimmte Grenzwerte bei diesen Nährstoffen einhalten.
- Der Europäische Verbraucherverband BEUC veröffentlicht in dieser Woche Produktbeispiele mit zweifelhaften Gesundheitsaussagen.
Schokolade, die mit „Calcium“ wirbt, Kakaopulver, das eine Extraportion Vitamine anpreist: Immer wieder werben Lebensmittel mit einem Plus an Gesundheit – und das obwohl sie viel Zucker, Fett oder auch Salz enthalten. Obergrenzen für diese Nährstoffe, Nährwertprofile genannt, könnten nicht gerechtfertigte gesundheitsbezogene Aussagen verhindern. Doch ihre Einführung verzögert sich seit nun schon neun Jahren. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) fordert, dass die Nährwertprofile endlich EU-weit eingeführt werden. Den Handlungsbedarf macht auch der Europäische Verbraucherverband BEUC deutlich und veröffentlicht aktuell Produkte, die mit Gesundheitsversprechen werben, aber nicht ausgewogen sind.
BEUC hat Beispiele aus verschiedenen europäischen Ländern gesammelt, die verdeutlichen: Zucker- und Fettbomben werden mitunter mit gesundheits- oder nährwertbezogenen Aussagen oder mit zugesetzten Vitaminen beworben und suggerieren damit einen gesunden Anschein.
„Wenn sich Schokolade oder süße Snacks mit Gesundheitsversprechen einen gesunden Anstrich geben dürfen, läuft etwas schief. Es kann nicht sein, dass alle Lebensmittel solche Aussagen tragen dürfen – egal ob eher gesund oder aber mit viel Zucker, Salz oder Fett. Um diesen Missstand zu beenden, brauchen wir endlich Nährwertprofile“, sagt Sophie Herr, Leiterin des Teams Lebensmittel beim vzbv. Diese Obergrenzen sollen regeln, wie viel Zucker, Salz oder Fett maximal in einem Produkt enthalten sein dürfen, damit es eine Gesundheitsaussage (Health Claim) tragen darf.
Verbraucherinnen und Verbraucher zeigen sich hierfür offen: 51 Prozent unterstützen ein gesundheitsbezogenes Werbeverbot bei denjenigen Lebensmitteln, die bestimmte Grenzen von Zucker, Salz oder Fett überschreiten. Das zeigt eine repräsentative Befragung von Zühlsdorf + Partner im Auftrag des vzbv.
Nährwertprofile auf der Streichliste
Die Nährwertprofile könnte es schon längst geben: Seit dem Jahr 2006 regelt die Health-Claims-Verordnung (HCVO), dass gesundheitsbezogene Angaben nur auf Lebensmitteln stehen dürfen, wenn die gesundheitliche Wirkung wissenschaftlich nachgewiesen ist.
Die Verordnung sieht auch die Einführung von Nährwertprofile vor. Doch diese sind nach wie vor überfällig. Nun könnte es sogar sein, dass die Nährwertprofile ganz aus der Verordnung gestrichen werden sollen. Diese Möglichkeit sieht die EU-Kommission im Rahmen des REFIT-Programms (Regulatory Fitness and Performance Programme) vor. Die Abgeordneten des EU-Parlaments haben im Jahr 2016 ebenfalls für eine Streichung gestimmt.
Damit würde der HCVO das Herzstück genommen. Sollten Nährwertprofile wirklich abgeschafft werden, befürwortet der vzbv alternativ ein grundsätzliches Verbot von gesundheitsbezogenen Aussagen auf Lebensmitteln.