Seit dem 15. Juni 2017 gilt in der Europäischen Union (EU) das Roam-Like-At-Home-Prinzip. Demnach fallen im heimischen Tarif keine zusätzlichen Gebühren für Anrufe und Nachrichten aus den Mitgliedstaaten* ins Heimatland an. Umgekehrt funktioniert diese Preisbremse nicht: Wer von Deutschland aus mit seinem Mobiltelefon in andere EU-Länder telefoniert, muss aktuell bis zu 1,49 Euro pro Minute zahlen. Das wissen viele Verbraucher nicht, wie eine aktuelle Untersuchung des Marktwächter-Teams Telekommunikation der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein zeigt. Die Bundesregierung sollte einen Vorschlag des Europäischen Parlaments (EP) unterstützen und damit Verbrauchern helfen.
Zwischen 0,19 Euro und 14,90 Euro: Mit dieser umfangreichen Kostenspanne müssen Verbraucher rechnen, wenn sie ein zehn Minuten langes Gespräch von Deutschland ins EU-Ausland führen. Das ergaben aktuelle Recherchen des Marktwächters. Der Grund für die stark variierenden Gebühren trotz gleicher Leistung sind die unterschiedlichen Preise der Vertragspartner. Dabei hängt die Höhe der Kosten von verschiedenen Faktoren ab – zum Beispiel vom gewählten Netz und Anbieter sowie vom Tarif, der Tageszeit und dem Land, in welches der Verbraucher anruft. „Vielen Verbrauchern ist das nicht bewusst, zudem ist ihnen der Unterschied zwischen den Roaming-Tarifen, die in der Regel nicht vom Standardtarif des Mobilfunkkunden abweichen, und den Auslandstarifen nicht klar", sagt Tom Janneck, Teamleiter im Projekt Marktwächter Digitale Welt.
Umfrage zu Auslandsanrufen und Verbrauchererwartungen
Eine aktuelle Marktwächter-Untersuchung zeigt: Mehr als die Hälfte (52 Prozent) aller Befragten, die in den letzten zwölf Monaten von Deutschland aus privat ins EU-Ausland telefoniert haben, glaubt, dass die Abschaffung der Roaming-Gebühren auch für Anrufe von Deutschland in das EU-Ausland gilt. Insgesamt hat gut jeder Vierte (27 Prozent) aller bundesweit Befragten in den vergangenen zwölf Monaten von Deutschland aus privat ins EU-Ausland telefoniert. 70 Prozent der Verbraucher, die per Festnetz oder Mobilfunk im EU-Ausland anrufen, nutzen für diese Telefonate sogenannte Normaltarife ohne verbilligten Auslandstarif. „In der jetzigen Situation zahlen viele Verbraucher für ihre Anrufe ins Ausland also deutlich mehr, als sie erwarten. Ein Blick in den jeweiligen Auslandstarif des eigenen Anbieters ist daher immer empfehlenswert", so Tom Janneck.
Politik kann hier jetzt handeln
Auf EU-Ebene wird derzeit der europäische Kodex für die elektronische Kommunikation verhandelt, in dem die EU-weiten Regeln für den Telekommunikationsmarkt überarbeitet werden. Das EP hat dabei vorgeschlagen, einen Grundsatz der Nichtdiskriminierung für den Preis bei Anrufen und Nachrichten vom EU-Inland ins EU-Ausland im Gesetz zu verankern. Extra-Gebühren für „International Calls" wären dann nicht mehr möglich. „Diese Geldschneiderei der Telekommunikationsunternehmen muss unterbunden werden", fordert Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv). „Die Bundesregierung sollte den Vorschlag des EP in den Trilogverhandlungen unterstützen", fordert Müller.
Methodik
Datenbasis: 2.504 in Privathaushalten lebenden deutschsprachigen Personen ab 14 Jahre in Deutschland (darunter 784 Befragte, die in den letzten zwölf Monaten privat in andere Länder der EU telefoniert haben). Erhebungsmethodik: Computergestützte Telefoninterviews (CATI) anhand eines strukturierten Fragebogens auf Basis einer Dual Frame Stichprobe im Rahmen einer Mehrthemenumfrage. Gewichtung der Personenstichprobe nach Region, Alter, Geschlecht und Bildung. Statistische Fehlertoleranz: max. +/- 2 Prozent-punkte in der Gesamtstichprobe. Erhebungszeitraum: 5. bis 9. Februar 2018. Durchführendes Institut: forsa marplan Markt- und Mediaforschungsgesellschaft mbH.
* Die EU-Roaming-Verordnung gilt in den Mitgliedsländern der Europäischen Union sowie in weiteren Ländern, die sich dieser Verordnung angeschlossen haben.