Datum: 15.05.2020

„Zwangsgutscheine schaffen Präzedenzfall“

Statement von vzbv-Vorstand Klaus Müller zu den beschlossenen Zwangsgutscheinen bei Veranstaltungen

Pressefoto 6 Klaus Müller | Vorstand Verbraucherzentrale Bundesverband | Credit: vzbv - Gert Baumbach

Quelle: Gert Baumbach - vzbv

Der Bundesrat hat heute Verbraucherinnen und Verbraucher zur Annahme von Gutscheinen bei Kursen und Veranstaltungen, die wegen COVID-19 ausfallen, verpflichtet. Die Politik reicht die Risiken der Corona-Krise damit erstmals voll an die betroffenen Verbraucher durch. Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), kommentiert:

„Mit Zwangsgutscheinen bei ausgefallenen Kursen und Veranstaltungen schafft die Politik einen Präzedenzfall. Bundestag und Bundesrat hebeln hier das Rückerstattungsrecht der Verbraucher rückwirkend aus und wälzen Risiken und Kosten der Coronakrise in diesem Fall voll auf die betroffenen Verbraucher ab. Bei ausgefallen Reisen hatte die Bundesregierung dies auch schon versucht, hat sich aber auf Intervention der Europäischen Kommission und mit Verweis auf Europarecht inzwischen korrigiert. Leider setzt sie diese umstrittene Krisenmaßnahme national im Veranstaltungsrecht durch. Es ist nicht nachvollziehbar, dass diese tiefen, rückwirkenden Eingriffe in die Eigentumsrechte der Verbraucher nötig, angemessen oder geeignet sind. Wir haben daher erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieser Maßnahme.

Ärgerlich ist zudem, dass es keine Absicherung gegen eine drohende Komplett-Entwertung der Gutscheine gibt. Falls Veranstalter pleite gehen, bleiben Kunden auf den Kosten sitzen. Ebenso fehlt eine handhabbare Härtefallregelung. Viele Verbraucher sind durch Corona in finanziellen Nöten geraten. Das Geld, das sie ohne Gegenleistung für Veranstaltungen, Fitnessstudio, Musikunterricht, Vereinssport oder Nachhilfeunterricht bezahlt haben, brauchen viele Verbraucher gerade dringend für Mietzahlungen oder Lebenshaltungskosten.
 
Die meisten Verbraucher haben Verständnis für Nöte und Belastungen von Veranstaltern. Wir beobachten eine beeindruckende Welle der freiwilligen Solidarität. Kunden unterstützen ganz bewusst ihr Lieblingsrestaurant, den Buchhändler im Kiez oder das Theater ums Eck. Die Zwangsgutscheine könnten hier kontraproduktiv wirken und das Vertrauen in eine ausgewogene Krisenpolitik untergraben. Verstärkt wird dies durch den „Vollkasko-Ansatz“ für Unternehmen. Von den Zwangsgutscheinen werden ja auch Anbieter profitieren, die keine Liquiditätsprobleme haben.“  

Aufruf: Erfahrungen in der Corona-Krise melden

Um Betrug, Abzocke und Missbrauch von Verbraucherinnen und Verbrauchern in der Corona-Krise weiter zu verfolgen, benötigen die Verbraucherschützer die Hinweise und Beschwerden von Betroffenen. Diese können ihre Erfahrungen direkt online unter https://marktwaechter.de/corona melden.   

Verbraucherinnen und Verbraucher, die Hilfe in ihrem individuellen Fall benötigen, sollten die Beratungsangebote der Verbraucherzentralen nutzen, Informationen unter www.verbraucherzentrale.de/beratung.

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