- EU-Reform des Telekommunikationsmarktes bringt positive Neuerungen für Verbraucher, allerdings werden die Verbraucherrechte partiell vollharmonisiert.
- Politik muss nationale Umsetzung der Reform und Handlungsspielräume nutzen, um drängende Verbraucherprobleme anzupacken.
- vzbv fordert: Mindestvertragslaufzeit auf sechs Monate senken und bessere Durchsetzungsrechte bei abweichenden Datenübertragungsraten.
Im Mittelpunkt der EU-Reform des Telekommunikationsmarktes stand der „Europäische Kodex für die elektronische Kommunikation“ (EECC) mit durchaus positiven Neuerungen für den Verbraucher. Die im EECC geregelten Verbraucherrechte werden allerdings partiell vollharmonisiert, was den nationalen Gesetzgeber vor gewisse Herausforderungen stellen wird. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hatte sich im Gesetzgebungsprozess für ein Fortbestehen der Mindestharmonisierung eingesetzt, um die Möglichkeit zu erhalten, Probleme auf dem deutschen Telekommunikationsmarkt auch national lösen zu können.
„Der deutsche Gesetzgeber muss seine verbliebenen Handlungsspielräume gut nutzen und Verbraucherrechte anpacken, die dringender Nachbesserung bedürfen. Hier gibt es viel zu tun, die Mindestvertragslaufzeit, Durchsetzungsrechte bei zu geringer Bandbreite oder aber Bußgelder bei Verstößen gegen die Netzneutralität sind da nur einige Beispiele“, so Klaus Müller, Vorstand des vzbv.
Schutzniveau für Verbraucher muss erhalten bleiben
Im Juni 2018 haben sich EU-Kommission, EU-Parlament und Rat der europäischen Union auf einen gemeinsamen Richtlinienentwurf zum EECC geeinigt. Am Mittwoch, den 14.11.2018 wird das EU-Parlament final über den Entwurf abstimmen. Die Richtlinie tritt ein paar Wochen später in Kraft. Mitgliedsstaaten haben dann für die nationale Umsetzung 2 Jahre Zeit.
Positive Änderungen des Entwurfs sind unter anderem:
- Die Preise für Intra-EU Anrufe werden gedeckelt (19 Cent/Min., 6 Cent/SMS).
- Eine Kompensation bei Fehlschlagen des Anbieterwechsels ist vorgesehen.
- Ein Ausgleich für “verpasste” Servicetermine (Technikertermine) soll möglich sein.
- Bei stillschweigender Vertragsverlängerung kann eine Kündigung mit einmonatiger Frist erfolgen.
Die im EECC geregelten Vorschriften werden allerdings partiell vollharmonisiert, was den nationalen Gesetzgeber vor Herausforderungen stellen wird. Den Mitgliedstaaten wird dadurch die Möglichkeit genommen, eine schnelle Anpassung der Rechtslage an neue Entwicklungen oder im Nachgang zu Skandalen vorzunehmen. Für den Gesetzgebungsprozess zur nationalen Umsetzung der Richtlinie ist daher einerseits wichtig, dass das derzeitige Schutzniveau der Verbraucherrechte nicht fällt. Darüber hinaus muss die die Novellierung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) genutzt werden, um weitere Verbraucherrechte zu etablieren, die zwar nicht im EECC geregelt sind, aber bei denen dennoch dringender Handlungs- und Nachbesserungsbedarf besteht. Der vzbv fordert daher, bei der nationalen Umsetzung der Richtlinie nur diejenigen Regelungen des TKG vollharmonisierend anzupassen, die im Kodex ausdrücklich als Vorschrift genannt sind.
„Die Mindestharmonisierung der Verbraucherrechte im TK-Bereich haben wir bedauerlicherweise zum Teil verloren. Die Bundesregierung ist nun in der Pflicht das jetzige Schutzniveau zu halten. Die Verbraucherrechte im Telekommunikationsmarkt dürfen nicht mit dem Argument der Vollharmonisierung ausgehöhlt werden“, sagt Klaus Müller.
Mindestvertragslaufzeit auf sechs Monate senken
Die Festlegung der maximalen anfänglichen Mindestvertragslaufzeit auf 24 Monate ohne vorherige ordentliche Kündigungsmöglichkeit stellt nach Auffassung des vzbv eine unangemessene Benachteiligung der Verbraucher dar und ist angesichts der heute erforderlichen Flexibilität, Schnelllebigkeit und Innovationsfähigkeit des Marktes nicht mehr zu rechtfertigen. 77 Prozent der Verbraucher empfinden die in Deutschland geltende Mindestvertragslaufzeit von 24 Monaten für neu abgeschlossene Telefon- und Internetverträge als zu lang. Das ergab eine repräsentative Umfrage von forsa im Auftrag des vzbv. Ein Drittel der Bundesbürger würde nach eigenen Angaben im Falle einer Verkürzung der Mindestvertragslaufzeit auf 6 Monate häufiger ihren Telefon- bzw. Internetanbieter wechseln. Dies könnte den schleppenden Wettbewerb auf dem deutschen Telekommunikationsmarkt ankurbeln.