Datum: 17.01.2017

Schadensersatz wegen Abgasmanipulation von VW-Motoren

Urteil des LG Hildesheim vom 17.01.2017 (3 O 139/16)

Frau im Rechtswesen hat Laptop, Gesetztesbuch und Justitia vor sich auf dem Tisch

Quelle: Gina Sanders - Fotolia.com

Das Inverkehrbringen von Motoren mit manipulativer Software zur Vermeidung von hohen Abgaswerten in Testverfahren ist sittenwidrig und begründet Anspruch auf Schadensersatz.

Ein Verbraucher klagte vor dem LG Hildesheim gegen die Volkswagen AG auf Schadensersatz wegen sittenwidriger, vorsätzlicher Schädigung durch den Verkauf eines manipulierten Skoda Yeti.

Der Autokäufer erwarb das mit einem Dieselmotor ausgestattete Fahrzeug 2013 bei einem Autohaus. Der Wagen ist so programmiert gewesen, dass er auf dem Prüfstand in einem anderen Modus fuhr, als im täglichen Gebrauch, um den Stickoxidanteil im Abgas auf ein Minimum zu reduzieren. Der Käufer führte an, er hätte das Fahrzeug nicht gekauft, wenn er von der Manipulation und den tatsächlich deutlich höheren Abgaswerten gewusst hätte. Der herstellende Mutterkonzern VW habe ihm mit der Entwicklung der Abschaltsoftware des Motors somit einen Schaden zugefügt, wovon der Vorstand auch gewusst haben müsse. Auch eine von VW angebotene Rückrufaktion, bei der ein Softwareupdate Abhilfe schaffen sollte, sei ihm nicht zumutbar gewesen, da auch danach zu viel Stickoxid ausgestoßen und zu viel Kraftstoff verbraucht werden würde.

VW bestritt alle Klagepunkte und brachte insbesondere vor, auf die Emissionswerte des Fahrzeugs im normalen Straßenbetrieb komme es nicht an, denn der Gesetzgeber habe sich dazu entschieden, die Grenzwerte allein unter Laborbedingungen festzulegen.

Das LG Hildesheim hingegen befand die Klage für begründet. Mit dem Inverkehrbringen von Dieselmotoren unter Schweigen über die gesetzeswidrige Softwareprogrammierung, u.a. zum Weiterverkauf in Fahrzeugen von Skoda, habe VW dem Käufer vorsätzlich und entgegen der guten Sitten Schaden zugefügt. Der Schaden liege dabei in dem für den Verbraucher wirtschaftlich nachteiligen Kaufvertrag. Statt eines technisch einwandfreien, erhielt der Käufer ein mit verbotener Software manipuliertes Fahrzeug. Es liege auf der Hand, dass eine Schadstoffuntersuchung nur dann sinnvoll ist, wenn die Testbedingungen auch den tatsächlichen Verhältnissen auf der Straße entsprechen. Das Gericht ging auch davon aus, dass der den Konzern vertretende Vorstand von der Manipulation gewusst hat, da auf die Frage, welche Firmenorgane Kenntnis davon hatten in der Verhandlung nicht ansatzweise eingegangen wurde.

Zur internen Untersuchung des Sachverhalts beauftragte VW die Kanzlei Jones Day, welche jedoch bis zu den Verhandlungsterminen angeblich keine belastenden Informationen aufdecken konnte. Diese Angabe hielt das Gericht für unglaubwürdig und musste mangels entgegengebrachter Argumente von der Kenntnis des Vorstandes und somit von einer vorsätzlichen Schädigung ausgehen. Als Motiv kommt lediglich die Vermeidung von Kosten für einwandfreie Lösungen der Abgasreinigung in Frage, da auch hierzu weder vom Konzern Gegenteiliges dargelegt noch sonst ersichtlich wurde.

Als vergleich für das betrügerische Verhalten von VW führte das Gericht das Beimischen von Glykol in Wein oder Pferdefleisch in Lasagne an. Dem Autokäufer steht ein Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises, abzüglich der bisher genutzten Fahrleistung gegen Rückgabe des PKW zu.

Datum der Urteilsverkündung: 17.01.2017

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