Die Zuteilungsreife eines Bausparvertrags ist kein vollständiger Empfang des Darlehens, weshalb eine Kündigung durch die Bausparkasse nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht möglich ist.
Eine Bausparerin hatte sich gerichtlich gegen die Kündigung ihres Vertrags durch die Bausparkasse zur Wehr gesetzt und unterlag in erster Instanz. Der Vertrag, dessen Bausparguthaben mit 3 Prozent jährlich verzinst wurde, bestand seit 1978 und wurde im Jahr 1993 zuteilungsreif. In 2015 kündigte die Bausparkasse mit Wirkung zum 24. Juli 2015.
Das OLG Stuttgart urteilte in der zweiten Instanz zu Gunsten der Sparerin. Die Bausparsumme des Vertrags belief sich auf 20.451,68 Euro, das angesparte Guthaben zum Zeitpunkt der Kündigung jedoch auf 15.772,48 Euro. Beim Bausparvertrag tauschen der Sparer und die Bausparkasse mit Inanspruchnahme des Darlehens ihre Rollen als Darlehensgeber und –nehmer. Bis zum Zeitpunkt der Kreditinanspruchnahme durch den Kunden ist er der Kreditgeber für die Bausparkasse.
Erst zum Zeitpunkt der vollständigen Zahlung der vereinbarten Summe (hier: 20.451,68 Euro) hätte die Bausparkasse den Vertrag kündigen können. Die Zuteilungsreife des Vertrags, die 1993 eintrat, spielt in dem Zusammenhang nach Meinung des Gerichts keine Rolle. Daher sei die Kündigung unwirksam und der Vertrag bestehe unverändert fort.
Die Revision wurde zugelassen, die Sache ist derzeit beim Bundesgerichtshof unter dem Aktenzeichen XI ZR 185/16 anhängig.
Datum der Urteilsverkündung: 30.03.2016