Die lettische EU-Ratspräsidentschaft hat einen neuen Vorschlag zur Absicherung der Netzneutralität in Europa veröffentlicht. Diese soll in der EU-Verordnung zum einheitlichen Telekommunikationsmarkt geregelt werden, die seit mehr als einem Jahr in Bearbeitung ist. Aus Sicht des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) bleibt der aktuelle Vorschlag ebenso wie einige der bisherigen Beiträge anderer Ratsmitglieder gegenüber dem Beschluss des EU-Parlaments vom April 2014 zurück. In einem Positionspapier greift der vzbv die aktuelle Diskussion im Rat auf.
Nach Vorstellung der lettischen Ratspräsidentschaft sollen beim Internetzugang alle Daten nach dem Best-Effort-Prinzip gleich behandelt werden. Daneben sollen kommerzielle Spezialdienste erlaubt sein, soweit sie die Qualität des Internetzugangs für Nutzerinnen und Nutzer nicht verschlechtern. „Die Regelungsvorschläge, die Beeinträchtigungen durch Spezialdienste verhindern sollen, sind mehr als vage. Verbraucher müssen ein Recht auf einen offenen und neutralen Internetzugang haben“, sagt Lenz Queckenstedt, Teamleiter Digitales und Medien beim vzbv.
Mindestqualität beim Internetzugang ist gefährdet
Spezialdienste sollen entsprechend des lettischen Vorschlags nur erlaubt werden, wenn „genügend Netzkapazität vorhanden ist“, damit das sonstige Internet nicht „materiell beeinträchtigt“ wird. Notfalls sollen die nationalen Regulierungsbehörden, in Deutschland die Bundesnetzagentur, Kriterien für ein Mindestqualitätsniveau vorgeben. „Unklar bleibt, was unter einer genügenden Kapazität und materieller Beeinträchtigung zu verstehen ist. Diese Unklarheit geht zu Lasten der Verbraucherinnen und Verbraucher und ist das Gegenteil einer rechtssicheren Definition von Netzneutralität“, sagt Queckenstedt.
vzbv gibt Empfehlungen zur Sicherung der Netzneutralität
Das Positionspapier des vzbv beleuchtet gesellschaftspolitische Hintergründe und unterschiedliche Anliegen in der aktuellen Diskussion und gibt Empfehlungen zur Sicherung der Netzneutralität. „Das Europäische Parlament hat den ursprünglichen Entwurf der Kommission im April letzten Jahres entscheidend verbessert. Der Rat der Europäischen Union darf die Interessen der Verbraucher nicht aus den Augen verlieren“, appelliert Queckenstedt. Der vzbv fordert eine offene Diskussion über die unterschiedlichen Rollen von Netz- und Diensteanbietern sowie belastbare Regelungen für die Absicherung der Netzneutralität. Dazu gehört auch, dass der Praxis des Zero-Rating ein Riegel vorgeschoben werden muss: Wenn bestimmte Dienste nicht auf das monatliche Inklusivvolumen angerechnet werden, profitieren Verbraucher nur auf den ersten Blick. Langfristig schadet diese Praxis dem Wettbewerb und damit den Verbrauchern.
Die ausführlichen Empfehlungen des vzbv entnehmen Sie dem Positionspapier.